Kohlenhydrate beim Pferd: Chancen, Risiken und Fütterungsstrategien
Einleitung: Warum Kohlenhydrate in der Pferdefütterung wichtig sind
Pferde sind von Natur aus Steppentiere, deren Verdauung auf rohfaserreiche und energiearme Nahrung spezialisiert ist. Über Jahrtausende haben sich ihre Verdauungsorgane perfekt an diese Fütterung angepasst, die vor allem aus Gräsern und Heu besteht.
Kohlenhydrate beim Pferd spielen dennoch eine zentrale Rolle als Energielieferant. Während eine ausgewogene Versorgung essenziell ist, können Übermengen gesundheitliche Risiken bergen. Besonders bei industriell erzeugtem Kraftfutter und Getreidemischungen steigt die Gefahr einer Überversorgung deutlich an.
Grundlagen: Was sind Kohlenhydrate überhaupt?
Kohlenhydrate bestehen aus Zuckermolekülen und umfassen Einfachzucker wie Glukose, Mehrfachzucker sowie komplexe Kohlenhydrate wie Stärke oder Zellulose. Die Struktur beeinflusst die Verdaulichkeit und Energieverfügbarkeit.
Strukturierte Kohlenhydrate wie in Heu fördern die Verdauung. Nicht-strukturierte Kohlenhydrate, darunter Zucker und Stärke, liefern kurzfristige Energie, erhöhen jedoch das Risiko für Verdauungsstörungen.
Die Verdauung erfolgt primär im Dünndarm. Wird zu viel Stärke aufgenommen, gelangt sie in den Dickdarm und kann dort zu Fehlgärungen führen, was wiederum die empfindliche Balance der Darmflora stört.
Stärke im Pferdefutter: Fluch oder Segen?
In Maßen ist Stärke eine wertvolle Energiequelle, insbesondere für Sportpferde mit erhöhtem Leistungsbedarf. Bei Freizeitpferden ist meist keine zusätzliche Stärkezufuhr erforderlich.
Besonders aufschlussreich ist die italienische Studie aus dem Jahr 2022, veröffentlicht von Dr. Elena Colombino und Kolleginnen der Universität Turin. Im Fokus der Untersuchung stand die direkte Auswirkung einer stärkereichen Ernährung auf Magen und Darm von Pferden.
Die Ergebnisse sind alarmierend: Pferde mit der stärkereichen Ernährung entwickelten signifikant mehr Magengeschwüre – insbesondere im drüsenreichen unteren Magenbereich. Mikroskopische Aufnahmen belegten zudem eine verstärkte Entzündung im Jejunum und in der Beckenflexur. Empfohlen wird, den Stärkeanteil auf maximal 1–2 g pro kg Körpergewicht und Mahlzeit zu begrenzen.
Die Rolle von Ballaststoffen vs. Stärke
Ballaststoffe sind essenziell für die Gesundheit des Pferdemagens und -darms. Sie fördern die Speichelproduktion, stabilisieren den pH-Wert im Magen und unterstützen die Darmflora.
Während Heu strukturierte Kohlenhydrate liefert, sind Hafer und Mais besonders reich an Stärke. Heu bleibt daher die unverzichtbare Basis jeder Pferdefütterung.
Kohlenhydrate für unterschiedliche Pferdetypen
Sportpferde profitieren gezielt von stärkehaltigen Futtermitteln. Freizeitpferde hingegen sollten ballaststoffreich gefüttert werden.
Auch junge Pferde können durch stärkereiches Futter gesundheitliche Schäden erleiden. Besonders Ponys und Kaltblüter sind empfindlich gegenüber Stärkeüberschüssen.
Zucker im Futter: Sündenbock oder unterschätzte Energiequelle?
Auch Heu enthält natürlichen Zucker. Eine Heuanalyse hilft, den Zuckergehalt zu bestimmen. Viele Kraftfutter enthalten Zuckerzusätze zur Schmackhaftigkeit.
Verdauung und Stoffwechsel von Kohlenhydraten beim Pferd
Im Dünndarm wird Stärke enzymatisch aufgespalten. Überschüssige Stärke gelangt in den Dickdarm und kann das Darmmikrobiom stören.
Eine stabile Darmflora fermentiert Ballaststoffe zu kurzkettigen Fettsäuren, die Energie liefern und die Darmgesundheit fördern.
Symptome einer Kohlenhydrat-Überversorgung beim Pferd
Typische Anzeichen sind Magengeschwüre, Koliken, Durchfall und Hufrehe. Besonders die drüsenreiche Region des Magens ist gefährdet.
Spezialfall: Stoffwechselerkrankungen und kohlenhydratreduzierte Fütterung
Bei EMS, PSSM und Cushing-Syndrom ist eine faserreiche, stärke- und zuckerarme Ernährung entscheidend.
Praktische Fütterungstipps: So gelingt die optimale Versorgung
Die Fütterung sollte individuell angepasst werden. Professionelle Rationsberechnung und Heuanalyse helfen, die Versorgung zu optimieren.
Alternative Energiequellen für Pferde
Alternativen zu Stärke sind z. B. pflanzliche Öle oder pektinreiche Futtermittel. Diese sind kalorienreich, aber gut verträglich.
Expertenmeinungen und aktuelle Forschung
Fachleute empfehlen eine faserbasierte Grundfütterung, ergänzt durch gezielte Energiequellen. Die italienische Studie belegt die hohe Relevanz eines guten Fütterungsmanagements.
Zukunft der Pferdefütterung: Trends und Innovationen
Getreidefreie Futtermittel und nachhaltige Fütterungskonzepte gewinnen an Bedeutung.
Fazit: Kohlenhydrate als Schlüssel zu Gesundheit und Leistung
Kohlenhydrate beim Pferd sind essenziell, müssen jedoch richtig dosiert werden. Eine faserreiche Basisfütterung schützt die Gesundheit und fördert die Leistung.
FAQ: Häufig gestellte Fragen zu Kohlenhydraten beim Pferd
Wie erkennt man einen zu hohen Stärkeanteil im Futter?
Anzeichen sind Verdauungsprobleme wie Durchfall, Blähungen und Verhaltensauffälligkeiten. Eine Rationsanalyse schafft Klarheit.
Ist getreidefreies Futter immer besser?
Nicht zwingend. Es kommt auf die Bedürfnisse des Pferdes an. Getreidefreie Futtermittel sind besonders bei empfindlichen Pferden sinnvoll.
Wie lässt sich der Kohlenhydratgehalt im Futter reduzieren?
Durch Verzicht auf stärkereiche Kraftfutter und verstärkten Einsatz von Heu, Stroh und faserreichen Alternativen.
Welche Pferde benötigen besonders wenig Kohlenhydrate?
Ponys, Kaltblüter und Pferde mit Stoffwechselerkrankungen profitieren von einer kohlenhydratarmen Ernährung.
Können Ballaststoffe den Energiebedarf vollständig decken?
Ja, bei Pferden mit geringem Leistungsbedarf reicht eine ballaststoffreiche Fütterung meist aus.